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Der Skandal um die Silikon-Brustimplantate des französischen Herstellers Poly Implant Prothèse (PIP) beschäftigt seit heute die deutsche Justiz. Eine betroffene Frau will bis zu 30.000 Euro Schmerzensgeld vor dem Landgericht Karlsruhe durchsetzen. Sie belangt unter anderem den TÜV Rheinland und PIP-Zulieferer Brenntag (Az. 2 O 25/12). Auszug aus JUVE vom 13.11.2012:

Soweit bekannt beschäftigt sich erstmals ein deutsches Gericht mit dem PIP-Skandal, das zu den größten Produkthaftungsfällen der letzten Jahre gehört. Von dem Karlsruher Verfahren kann Signalwirkung auf zahlreiche andere Klagen ausgehen. Wie schnell die Richter zu ihrer Entscheidung kommen, hängt vom Umfang der Beweisaufnahme in dem individuellen Fall ab.

Die 40-jährige Iris Herold macht geltend, wegen der Implantate an anhaltenden Brustschmerzen, Taubheits- und Angstgefühlen sowie Schlafstörungen zu leiden. Außerdem fürchtet sie die Gesundheitsfolgen, die durch das Entfernen der Implantate entstehen könnten. Verklagt hat sie unter anderem ihren Arzt, der sie bei Auswahl der Implantate beraten und die Operation 2007 vorgenommen hat.

Zudem nimmt sie den Bund in Amtshaftung, weil er den Hersteller der Brustprothesen nicht sorgfältig genug kontrolliert haben soll. Ähnlich geht sie gegen den TÜV Rheinland vor, der die Zertifizierung der PIP-Produkte verantwortete und seine Kontrollpflichten verletzt haben soll. (...)

Außerdem ist die französische Allianz-Tochter verklagt, die zwischen 2005 und 2010 Haftpflichtversicherer von PIP war. Der Versicherer hatte in diesem Sommer bereits eine empfindliche Niederlage vor einem französischen Gericht einstecken müssen. Ein Handelsgericht wies die Allianz-Klage ab, mit der der Versicherungskonzern die Haftpflichtpolice mit PIP für ungültig erklären lassen wollte. Gegen den PIP-Firmengründer läuft derweil in Frankreich ein Strafverfahren wegen fahrlässiger Körperverletzung.

Die Firma PIP verkaufte jahrzehntelang Brustimplantate mit Industriesilikon (...). In Deutschland setzten Ärzte mindestens 5.200 Frauen PIP-Silikon ein. Das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) empfahl eine Entfernung der Implantate. Nach Bekanntwerden des Skandals sah sich PIP auf ihrem Heimatmarkt einer massiven Klagewelle ausgesetzt und ging schließlich 2010 in die Insolvenz. Daher ist PIP in dem Karlsruher Verfahren und in anderen, bereits anhängigen Schmerzensgeldverfahren nicht verklagt.

Vertreter Iris Herold
Zierhut & Graf (München): Christian Zierhut, Michael Graf

Vertreter Arzt
Wende Erbsen (Stuttgart): Dr. Andreas Wende (Medizinrecht)

Vertreter Bund/ BfArM
Meyer-Köring (Bonn): Dr. Dirk Webel

Vertreter TÜV Rheinland
Hogan Lovells (München): Ina Brock; Associates: Dr. Matthias Schweiger, Benjamin Schulte (alle Produkthaftungsrecht)

Vertreter Brenntag
Friedrich Graf von Westphalen (Köln): Prof. Dr. Tobias Lenz; Associate: Mike Weitzel (beide Produkthaftpflicht)

Vertreter Allianz IARD
Grooterhorst & Partner (Düsseldorf): Ralf-Thomas Wittmann, Isabel Strecker (beide Versicherungs-/Haftungsrecht)

2. Zivilkammer, Landgericht Karlsruhe
Eberhard Lang (Vorsitzender Richter)

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Prof. Dr. Tobias Lenz

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